Hermann-Tempel-Medaille wird an Antje Hoss und Klaus Hinzpeter vom Kinderschutzbund Leer verliehen

Das Hermann-Tempel-Kuratorium der SPD im Kreis Leer verleiht in diesem Jahr die Hermann-Tempel-Medaille, anlässlich des 125. Geburtstages und 70. Todestages des SPD-Reichstagsabgeordneten, an Klaus Hinzpeter und Antje Hoss für ihre Verdienste und herausragende Arbeit für und um den Kinderschutzbund Leer.

Die Verleihung findet im Rahmen einer Festveranstaltung am Freitag, 28. November 2014, 19 Uhr im Gemeindehaus in Ditzum statt, dem Geburtsort Hermann Tempels.

Das Kuratorium freut sich, dass der ehemalige Bürgermeister der Stadt Leer und ehemalige Landtagspräsident, Horst Milde, aus Oldenburg als Laudator zugesagt hat. „Horst Milde und der Kinderschutzbund Leer verbindet sehr viel. Milde hatte damals die Gründung eines Kinderschutzbundes in Leer vorgeschlagen und hat zusammen mit Klaus Hinzpeter die Institution in Leer auf den Weg gebracht“, so Sascha Laaken, Vorsitzender der SPD im Kreis Leer und des Hermann-Tempel-Kuratoriums. Grußworte sprechen unter anderem Johanne Modder, MdL und Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion sowie der SPD-Europaabgeordnete Matthias Groote.

In Gedenken an den SPD-Politiker Hermann Tempel hatte die SPD im Kreis Leer, anlässlich seines 100. Geburtstages, 1989 das Hermann-Tempel-Kuratorium gegründet und verleiht seitdem als Auszeichnung die Hermann-Tempel-Medaille. Mit der Hermann-Tempel-Medaille werden Persönlichkeiten, die im Sinne Hermann Tempels sich für benachteiligte Menschen einsetzen und mit praktischer Hilfe, jungen Menschen ein würdiges Leben und Bildungschancen eröffnen, ausgezeichnet: Mit der Medaille ausgezeichnet wurden Heinz Galinski (1989, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland), Hans Koschnik (1995, für seinen Tätigkeit als Administrator von Mostar im ehem. Jugoslawien), 1998 das Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager in Papenburg sowie 2002 Anette Kahane (Amadeu-Antonio-Stiftung in Berlin für ihre Arbeit gegen rechte Gewalt), 2005 Maria Rieken und Wilhelms Rolfes für ihre Arbeit im Ökohof Burlage und 2009 die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der Suppenküche der Christuskirche in Leer.

In diesem Jahr hat sich das Kuratorium für Klaus Hinzpeter der seit 1973 ehrenamtlicher Vorsitzender des Kinderschutzbundes Kreis- und Ortsverband Leer e.V. ist, sowie für Antje Hoss, die seit 1974 bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand in diesem Jahr das Kinderschutzhaus leitete, entschieden.

In der Einrichtung werden heute pro Tag rund 120 Kinder im Alter von ein bis siebzehn Jahren betreut. Darüber hinaus gibt es ambulante Hilfe für Familien aus dem gesamten Landkreis. Klaus Hinzpeter und Antje Hoss setzen sich für die Interessen benachteiligter Familien im Landkreis ein und gehen dabei, wenn es nötig ist auch unbequeme Wege und zeigen Zivilcourage. „Die Arbeit geht weit über das „normale“ Ehrenamt hinaus. Es ist für sie zu einer Lebensaufgabe geworden, die sie sich beide mit voller Hingabe widmen“, betonte Laaken.

Antje Hoss wurde 1974 als damals erst 23 Jährige von Klaus Hinzpeter mit der Leitung des Kinderschutzhauses in Leer betraut. Vor 40 Jahren waren es hauptsächlich Kinder von türkischen und jugoslawischen Gastarbeitern in den Olympiawerken, die täglich in die Leeraner Altstadt kamen. Erst nach und nach kamen auch deutsche Schützlinge hinzu. Ihre liebevolle Art machte Antje Hoss zum Anker für die Kinder – nicht nur in der Kindertagesstätte, sondern auch in der ambulanten Betreuung im gesamten Landkreis. Ob offiziell vom Jugendamt oder Familiengericht beauftragt oder nicht, die Belange der Kinder standen für Antje Hoss immer an erster Stelle. Respekt und Verständnis zu zeigen ist ihr immer gelungen und hat sie zu einer Vertrauten und Kämpferin für die Rechte vieler Familien im Kreis Leer gemacht. Viel Schlimmes hat sie in ihrer Amtszeit gesehen – Gewalt und sexueller Missbrauch waren dabei leider nicht selten.

„Hinzpeter und Hoss haben sich in ihrem nun mehr vier Jahrzehnten gezeigten Einsatz besonders dafür eingesetzt, jungen Menschen und Familien ein würdiges Leben und Bildungschancen zu eröffnen. Sie zeigten dabei ein besonderes Maß an Engagement, Zivilcourage und auch Mut zum Unbequemen“, so Laaken.

Hermann Tempel

Am 29. November 1889 wurde Hermann Tempel in Ditzum geboren. Der ausgebildete Lehrer unterrichtete seit 1910 an zwei Schulen im Rheiderland, bevor er schließlich nach Leer wechselte. Von 1915 bis 1917 nahm Tempel als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Nach einer schweren Verwundung wurde er aus dem Militärdienst entlassen und nahm nach seiner Genesung die Arbeit als Lehrer wieder auf. Aus den Erlebnissen des Krieges begann Tempel, sich politisch zu engagieren und schloss sich der SPD in Leer an. Schon bald wurde er in die Leeraner Kommunalvertretung gewählt und rückte 1925 in den Reichstag nach, dem er bis zur Machtübernahme der Nazis 1933 ununterbrochen angehörte. 1933 musste Tempel untertauchen und flüchtete in die Niederlande, wo er bis zur Besetzung deutscher Truppen zurückgezogen in Amsterdam lebte. Eine erneute Flucht aus den Niederlanden scheiterte und Tempel stellte sich der Gestapo nachdem diese seinen früheren Wohnungsgeber in Geiselhaft genommen hatte. Nach Verbüßen einer mehrjährigen Gefängnisstrafe wurde er zwar entlassen, musste sich aber weiterhin ständig bei der Gestapo melden. Am 27. November 1944, zwei Tage vor seinem 55. Geburtstag und wenige Monate vor Ende des Zweiten Weltkrieges, starb Hermann Tempel an den Folgen der unmenschlichen Haftbedingungen. Selbst Tempels letzten Willen, in der ostfriesischen Heimat beigesetzt zu werden, wollten die Nazis nicht entsprechen. Hermann Tempels Grab befindet sich noch heute auf dem Getrudenfriedhof in Oldenburg.