Presseerklärung der SPD-Kreistagsfraktion zum RROP (Wind)

Als Bundeskanzlerin Merkel nach der Reaktorkatastrophe in Japan im März 2011 den Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie ankündigte, gab es eine nahezu einhellige Zustimmung in der Bevölkerung. (Der Beschlussvorlage im Bundestag  stimmten 513 von 600 Abgeordneten zu, 79 waren dagegen, 8 haben sich der Stimme enthalten.) Jedem in Deutschland war klar, dass diese Entscheidung zu einer verstärkten Nutzung anderer Energiequellen führen würde, um den Energiebedarf  zu decken.

Kohlekraftwerke sind angesichts der Umweltverschmutzung nicht gewollt, Gas und Öl gehen zur Neige – alternative Energien sind gefordert.

Ein Merkmal des ostfriesischen Raumes ist der nahezu ständig wehende Wind. Da liegt es nahe, mit Hilfe von Windmühlen Energie zu gewinnen ohne die Umwelt zu belasten. Vor diesem Hintergrund muss die Forderung des Landes Niedersachsen an den Landkreis Leer gesehen werden, im Rahmen der Erstellung eines RROP der Windenergie substanziell Raum zu geben; das heißt konkret: Fläche für den Bau von Windenergieanlagen zur Verfügung zu stellen. Die Politik im Landkreis Leer war sich einig, dass die Verwaltung in diesem Sinne einen Vorschlag erarbeiten sollte. Sie verband damit die Forderung, den Bau von Windkraftanlagen nur auf den dafür ausgewiesenen Flächen zu erlauben und keine anderen Standorte im Landkreis zuzulassen. Nach langwierigen, intensiven Untersuchungen sind sogenannte Vorrangflächen herausgefiltert worden, die für den Bau von Windkraftanlagen geeignet sind.

Kaum waren die möglichen Flächen bekannt, regte sich Widerstand. Insbesondere Bürgerinnen und Bürger, die in der Nähe möglicher Standorte wohnen, kritisieren die Planung. Vor allem empfinden sie die Abstände zur Wohnbebauung – sowohl im Innen- als auch im Außenbereich –  als zu gering und verweisen dabei u. a. auf die größeren Abstände zu Naturschutz- und Vogelschutzgebieten. Diese Kritik ist nachvollziehbar.

Bezogen auf die Abstände zu Natur- und Vogelschutz hat die Planungsbehörde allerdings keinen Spielraum. Sie gelten als ‚fachlich geboten‘ und die Planung darf sich nicht darüber hinwegsetzen.

Eine Veränderung der Abstände zur Wohnbebauung ist grundsätzlich möglich. Allerdings hat die Planungsbehörde im Grunde genommen so gut wie keinen Handlungsspielraum, weil die gesetzliche Vorgabe des Landes Niedersachsen fordert, dass der Landkreis eine gewisse Fläche für die Nutzung der Windenergie zur Verfügung stellen muss – der Windenergie ist ‚substanziell Raum‘ zu geben. Bei einer Vergrößerung der Abstände werden die bisher ausgewiesenen Vorrangflächen verkleinert. Das hat zur Folge, dass neue kleinere Flächen hinzukommen, damit insgesamt die Fläche geliefert wird, die erforderlich ist, um der Windenergie substanziell Raum zu geben.

Die Forderung der Kritiker, die Planung auf Kreisebene fallen zu lassen und die weitere Planung den Gemeinden zu überlassen, ist leider auch keine Lösung. Abgesehen davon, dass sich die Politik mit einer solchen Entscheidung ihrer Verantwortung für die (Weiter)Entwicklung des Landkreises Leer entzöge, gäbe es auch keine Veränderung der Vorgaben bei der Planung. Auch die Gemeinden müssen sich bei ihrer Windenergieplanung an die Vorgaben des Landes halten. Sie sind – wie der LK – verpflichtet, der Windenergie substanziell Raum zu geben. Mit anderen Worten: Auch die Gemeinden müssen Flächen zur Verfügung stellen. Sie haben allerdings den Nachteil, dass sie nur auf ihre Gemeindefläche zurückgreifen können und somit weniger Ausweichmöglichkeiten haben als der Landkreis. Im Ergebnis wird das zwangsläufig dazu führen, dass in vielen Gemeinden mehrere kleine Flächen für die Windkraft ausgewiesen werden und eine Verspargelung der Landschaft wahrscheinlicher wird. Besonders betroffen ist hier die Gemeinde Uplengen.

Als weitere Alternative zur vorgelegten Planung wird von den Kritikern der Vorschlag gemacht, die dem Landkreis bei der Bereitstellung der erforderlichen Energiemenge aus Windkraft fehlende Kapazität von anderen Landkreisen zuzukaufen. Der Zukauf ist grundsätzlich möglich. Die Idee ist aber nicht umsetzbar, weil die in Frage kommenden Landkreise (Aurich, Wittmund, Friesland,…)  keine Überkapazitäten haben, die sie ggfs. verkaufen könnten.

Immer wieder kommt der Hinweis, die erforderlichen Kapazitäten für die Windkraftnutzung sollten doch bitteschön offshore errichtet werden. Das ist eine nachvollziehbare Forderung. Allerdings gilt das RROP des Landkreises Leer für das Kreisgebiet – und das beinhaltet keine offshore-Planung. Demzufolge hat eine derartige Planung keinerlei Auswirkungen auf unser RROP.

Der Planungsbehörde des LK wurde in den jüngsten Stellungnahmen vorgeworfen, sie würde sich bei der Überarbeitung des vorgelegten RROP überhaupt nicht bewegen, sondern an ihren Vorstellungen festhalten. Angesichts der bisher angeführten Fakten müsste jedem klar sein, wie schwierig es ist, an den Stellschrauben zu drehen. Umso höher ist es zu bewerten, dass im Rahmen der Bearbeitung der Anregungen und Bedenken deutliche Veränderungen vorgeschlagen werden. So wurde der Abstand um neue Potenzialflächen auf  3000 m vergrößert, was zu nachhaltigen Auswirkungen auf Weißflächen führt. Des Weiteren wurde das geplante Vorranggebiet Hasselt aus der Planung herausgenommen! Das sind wichtige Veränderungen. Sie machen deutlich, dass die Planungsbehörde sich um eine vernünftige Lösung der Probleme des RROP Wind bemüht.

Die SPD-Kreistagsfraktion ist angesichts der angeführten Argumente der festen Überzeugung, dass es im Sinne der Verantwortung für den Landkreis und seine Bewohner keinen anderen Weg gibt, als dem Entwurf des RROP zuzustimmen und durch die Ausschlusswirkung die weitere Entwicklung der Windkraft im Landkreis zu steuern. Alle angedachten Alternativen stellen für die Menschen im Lk Leer – ob nun direkt oder indirekt betroffen –  keine Verbesserung dar. Wer etwas anderes behauptet,  negiert die Fakten oder mogelt sich bewusst an der Wahrheit vorbei.