Jemgum – Mit Optimismus, Selbstvertrauen und einem motivierten Vorstand will die neue Vorsitzende der SPD im Kreis Leer, Anja Troff-Schaffarzyk, „der Partei wieder neues Leben einhauchen“. Beim Kreisparteitag in Jemgum benannte sie mit deutlichen Worten die Krise der Partei, hob aber auch die Stärken der SPD hervor und bekannte unter dem Beifall der Delegierten: „Ich bin verdammt noch mal stolz, Mitglied dieser Partei zu sein.“
Der Parteitag stand im Zeichen eines großen Wandels: Der Vorstand ist jetzt jünger und weiblicher und zeigt mit vielen neuen Gesichtern, dass sich die SPD im Kreis Leer auf die neue Zeit mit ihren Herausforderungen und Problemen einstellen will. Sascha Laaken, der sechs Jahre lang Kreisvorsitzender war, machte gerne Platz, weil er nicht wollte, dass sich bei ihm „Routine und Betriebsblindheit“ einstellen. Er bleibt der SPD im Kreis erhalten und möchte sich unter anderem der Förderung von jungen Menschen in der Politik widmen.
Anja Troff-Schaffarzyk forderte eine klare Linie für die SPD und hielt sich nicht lange mit der Kritik an der Bundespartei auf. Denn vor Ort gebe es genug zu tun. „Gutes Leben im Landkreis Leer ist unser Thema“, hob sie hervor. Gute Arbeit mit vernünftigen Arbeitsbedingungen und angemessener Bezahlung sei ein zentrales Thema der SPD. Als Beispiele hier vor Ort nannte sie das Problem der Werkverträge und die häufig unwürdige Unterbringung von Monteuren. Außerdem sprach sie die Unruhe bei Weener Plastik an, wo sich die Belegschaft durch das Verhalten der Investoren verunsichert fühlt. Hier stehe die SPD an der Seite der Belegschaft und der Gewerkschaften.
Weitere Themen für ein gutes Leben seien beispielsweise das bezahlbare Wohnen, gute Schulen – an dieser Stelle nannte sie das Schulsanierungskonzept, das die SPD mit auf den Weg gebracht hat – und das soziale Miteinander. Das Ehrenamt werde in Ostfriesland glücklicherweise noch immer groß geschrieben, stellte sie fest.
Troff-Schaffarzyk kritisierte den Umgang miteinander, gerade in den sozialen Medien. Dabei sprach sie auch über die Chataffäre um den Landtagsabgeordneten Jochen Beekhuis. Troff-Schaffarzyk sprach sich klar für die Volkspartei SPD aus und forderte die Mitglieder auf, selbstbewusst und offen das Gespräch mit den Menschen zu suchen. Sicherlich müsse man in den sozialen Medien und in der Öffentlichkeitsarbeit insgesamt aktiver werden, „aber die sozialen Medien ersetzen nicht das persönliche Gespräch“. Dieses Gespräch werde man auch mit Vereinen, Verbänden, Unternehmen und Organisationen suchen – besonders hob sie dabei die Gewerkschaften hervor.
Kein Blatt vor den Mund nahm auch Hanne Modder (Bunde), Bezirksvorsitzende, Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag: „Die Leute glauben uns einfach nicht mehr“, meinte Modder, „wir müssen an unserer Glaubwürdigkeit und unserer Geschlossenheit arbeiten“. Ein erster Bewährungstest werde die Wahl einer neuen Bundesspitze nach einem ganz neuen Verfahren, das die Basis stark beteilige.
Trotz großer Hitze im Jemgumer Dörfergemeinschaftshaus zeigte die SPD im Kreis Leer mit 17 Anträgen, dass sie auch inhaltlich neue Akzente setzen will. Der Leitantrag des Kreisvorstands beschäftigte sich mit der Neuorientierung der Partei und grundlegenden Fragen zur Arbeits-, Wirtschaft-, Umwelt- und Sozialpolitik. Die Ortsvereine und Arbeitsgemeinschaften hatten zudem Anträge zu den Themen Bildung, Wohnen, Umwelt, Frauen und Jugend vorgelegt, die lebhaft diskutiert wurden.
Der Vorstand wird nach der Sommerpause in seiner ersten ausführlichen Sitzung die Grundlinien der Arbeit in den nächsten zwei Jahren benennen. So viel ist klar: Die SPD im Kreis Leer will sich auf allen Ebenen öfter zeigen und klar positionieren – ob in den sozialen oder gedruckten Medien, in persönlichen Gesprächen oder in den Fußgängerzonen.